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Dieser Foto-Blog berichtet aktuell über interessante Erfahrungen, Neuheiten und Ideen in der Landschafts- und Naturfotografie.

 

Ghosttown Cisco

Cisco wird in verschiedenen Publikationen als “berühmteste Ghosttown der USA” beschrieben und ist bekannt aus Filmen wie z.B. “Thelma & Louise”, “Vanishing Point”, “Don’t Come Knocking” und aus dem Johnny Cash Song “Cisco Clifton’s Filling Station”. Ich habe Cisco bei meinen Besuchen eigentlich weniger als spektakulär, sondern als vielmehr einsamen Ort erlebt, der mit Geduld entdeckt und erlebt werden will. Kein Mensch war hier anzutreffen bei meinem letzten Besuch im Juni 2019 - bis auf einen Künstler, der sich hier vor einiger Zeit niedergelassen und gemäss Zeitungsberichten die ganze Geisterstadt sogar für wenig Geld gekauft haben soll. Aus fotografischer Perspektive ist Cisco interessant und absolut sehenswert: Das Abgelebte, Aufgegebene, Verfallene und Verlassene hat eine eigene Ästhetik und lohnt sich, entdeckt zu werden.

Auf den ersten Blick gehört die Geisterstadt Cisco in Utah zu den für die USA fast typischen verlassenen Orten, so wie man sie immer wieder entlang der grossen Interstates findet. Cisco ist einfach zu erreichen und liegt in unmittelbarer Nähe zum Interstate 40, rund 25 Kilometer westlich der Grenze zum Bundesstaat Colorado und nahe der Utah State Route 128. Durch die Ortschaft verläuft der County Highway 175, über die nach Süden abzweigenden County Highways 176 und 177 bestehen bei Fish Ford beziehungsweise Cisco Landing Zugänge zum Colorado River, die häufig von Raftern, welche den Westwater Canyon durchfahren haben, genutzt werden. Die leichte Erreichbarkeit hat leider dazu geführt, dass viele Gebäude durch Vandalismus zerstört wurden. Einige Gebäude scheinen zumindest noch temporär genutzt, auch der örtliche Cisco Landing Store ist manchmal geöffnet. Der “California Zephyr” nutzt die von der Union Pacific Railroad betriebene Bahnstrecke, allerdings ohne planmäßigen Halt in Cisco, daneben sind Güterzüge der Burlington Northern Santa Fe Railroad unterwegs.

Wenn man von Denver oder Grand Junction kommend in Richtung Moab fährt, lohnt es sich, nicht die offiziell empfohlene Anreise über den Interstate 70 zu nehmen und auf den Highway 191 abzubiegen, sondern man sollte gleich bei Cisco abbiegen und die wunderschöne Strecke über den Highway 176 am Colorado River entlang nehmen. Diese Strasse gehört meiner Meinung nach zu den schönsten Routen des Südwestens und ist nach wie vor nur wenig frequentiert. Der Highway 176 führt an den Fisher Towers und Castle Valley vorbei und trifft dann kurz vor Moab auf den Highway 191. Wählt man diese Route, ist der Besuch von Cisco ein Muss.

Im Gegensatz zu vielen anderen Geisterstädten im Westen der Vereinigten Staaten standen bei der Gründung von Cisco keine bergbaulichen Aktivitäten im Mittelpunkt. Vielmehr wurde der Ort als Versorgungspunkt für die Denver and Rio Grande Western Railroad kurz nach 1880 gegründet. Bedingt durch seine Lage entwickelte sich der Ort in den kommenden Jahren auch zu einem lokalen Zentrum der Rancher der Umgebung, zeitweilig wurden hier 100.000 Schafe im Jahr geschoren, deren Wolle mit Hilfe der Eisenbahn versandt wurde. In den 1920er Jahren wuchs die Stadt, als Öl und Erdgas gefunden wurden und die Liebe zum Automobil in den 1950er Jahren brachte einen stetigen Besucherstrom nach Cisco. Das führte dazu, dass sich in der kleinen Stadt über 200 Restaurants, Tankstellen, Bars und mehr befanden. Die Bedeutung der Ortschaft war 1963 noch groß genug, um vom United States Postal Service den ZIP-Code 84515 zugeordnet zu bekommen. Der Bau des Interstate 70 und die damit einhergehende Verlagerung der früher die Ortschaft durchquerenden Highways 6 und 50 führte dazu, dass Cisco schliesslich zur Geisterstadt wurde.